Weiter könnten die Einschätzungen nicht auseinanderliegen: Die Kommentare auf die eigenwillige Optik des BMW i3 reichten im Haus von „Der ist so hässlich, dass er verboten werden müsste“ (Portier) bis zu „endlich ein modernes Auto – tolles Design“ (Art-Director).
Damit ist zu den Oberflächlichkeiten alles gesagt.
Zeit, sich den objektivierbareren Fakten zuzuwenden. Und die halten mit dem schönen Schein derzeit noch nicht überall ganz Schritt.
So harrt etwa das begrüßenswerte Vorhaben von BMW, den Kunden durch eine eigene Benutzerkarte die Erschließung der Lade-Infrastruktur verschiedener Stromanbieter abzunehmen, bei uns noch der Umsetzung. Bedeutet in der Praxis: Wer etwa eine Tank-Karte (Wien-Energie) hat, findet zwar die Säulen des Verbundes im Navi des i3, bekommt dort aber keinen Strom.
Und das gern beworbene Schnellladen mit Gleichstrom steht zwar mit 1340 Euro in der Aufpreisliste des i3, es findet sich aber noch keine einzige Ladestation in Österreich (auch nicht bei BMW selbst), an der der mitgelieferte Stecker passen würde.
Imponderabilien, die dem Auto selbst nicht vorzuwerfen sind, dessen Nutzwert aber doch noch ziemlich einschränken. Zumal, wenn auf dem Preiszettel wie im vorliegenden Fall – auch dank gut gebuchter Sonderausstattungen – mehr als 50.000 Euro stehen.
Der i3 wird den Erwartungen an einen „BMW unter den E-Autos“ gerecht. Spontaner Antritt (Überholen im Sportwagen-Stil), Fahrverhalten (kaum Aufschaukeln beim Spurwechsel trotz des hohen Aufbaus) und Bremsleistung (auch wegen der streng eingestellten Rekuperation) machen aus dem i3 ein Auto mit hohem Fahrspaßfaktor.
Anders als die Kollegen von VW, geben die BMW-Entwickler der Kundschaft keine Möglichkeit, die Stärke der Brems-Rekuperation via Tasten oder Hebel selbst an die Fahrsituation anzupassen. Das schont zwar die Bremsbeläge und maximiert den Energie-Rücklauf in die Batterie, ist aber im Fahrbetrieb gewöhnungsbedürftig. Sobald das Gaspedal (bzw. der Fahrtgeber) nur leicht gelupft wird, setzt sofort die Bremswirkung ein. Selbst bergab muss dann noch sanft beschleunigt werden, damit die Fuhre nicht vor lauter Rekuperations-Gier zum Stillstand kommt (die Neutralstellung des Fahrpedals, bei der das System auf Freilauf schaltet, ist kaum zu treffen). Erst bei höherem Tempo wird die „Segel“-Funktion automatisch aktiviert. Reichweite
Womit wir beim heiklen Kapitel Reichweite wären. Die versprochenen 190 km sind klarerweise nur bei Idealbedingungen und im Eco-Pro-Plus-Modus (keine Klimaanlage, maximal Tempo 90 etc.) zu schaffen. Wer sich in seinem schicken 50.000-Euro-BMW aber nicht kasteien will, sondern ihn als normales Auto nutzt, kann (je nach Außentemperatur) mit 100 bis 120 km Reichweite rechnen. Wer die sportlichen Qualitäten des i3 abruft, kommt noch weniger weit.
Mit einer ähnlichen Bandbreite muss man in der Praxis auch beim Wiederaufladen der Batterie rechnen. Mit den angegebenen 8 Stunden für eine Vollladung via Haushaltssteckdose kommt man kaum aus, wenn im Lademenü des Bordcomputers die schwächste (und damit für die Leitungen hinter der Dose sicherste) Stromstärken-Stufe (6 Ampere) eingestellt ist. Sollte die Ladung nicht in der warmen Garage erfolgen, ist bei Kälte zudem mit noch etwas mehr Extra-Zeit zu kalkulieren.
Ohne Pioniergeist, eigener Garage und ausreichend Spielkapital wird man mit dem i3 also nicht recht glücklich werden. Andernfalls kann man sich an hohen Aufmerksamkeitswerten und einem fahraktiven Auto freuen, mit dem man nur mehr zum Waschen an die Tankstelle muss.